Fototipp, Folge 42: Das Weitwinkel richtig nutzen, Teil1 Bildgestaltung
Fototipp, Folge 42: Das Weitwinkel richtig nutzen. Heute geht es in meinem Fototipp um die Fotografie mit dem Weitwinkel. In der Landschaftsfotografie sozusagen die „Standardbrennweite“! Was ist zu beachten, um nicht nur viel leere und weite Landschaft im Foto festzuhalten?
Eine der größten Herausforderungen in der Weitwinkelfotografie ist die große Anzahl an „Dingen“ und die starken Helligkeitsschwankungen. Unser Hauptmotiv muss sich also oftmals gegen eine hohe Zahl konkurrierender Dinge im Bild um die Aufmerksamkeit durchsetzen.
Das bedeutet grundsätzlich eine sehr sorgfältige Bildkomposition, um am Ende nicht nur einfach „viel“ auf dem Bild zu haben. Glücklicherweise gibt es einige Grundregeln und Hilfestellungen in der Fotografie, welche uns dabei unterstützen unser Hauptmotiv gut in Szene zu setzen!
Fototipp, Folge 42
Das Weitwinkel richtig nutzen, Bildgestaltung Teil 1
Probleme & Lösungen
Die Schwierigkeiten
Die Weite
Je weitwinkliger wir fotografieren, desto größer werden die Tiefenunterschiede im Bild. Dinge im Vordergrund werden groß und weit entfernte werden so zum Hintergrund. Das Superweitwinkel trennt hier noch deutlicher. Insofern muss man immer genau abwägen zwischen zu viel Vordergrund (zu nah) oder zu viel Hintergrund (zu weit weg).
Kroatien Istrien, Nikon D750 *& Tamron 15-30 mm F/2,8
Diese starke Trennung zwischen vorne und hinten ist beim Weitwinkel natürlich beabsichtigt! Das Ganze ist also ein Lernprozess und gerade beim Superweitwinkel gilt für mich, „Nah ran“ ist hier oftmals der Schlüssel zum Erfolg. Im Gegensatz zum Tele wo wir vieles aus der Distanz heraus betrachten und mittels geringer Schärfentiefe oftmals das Motiv vom Hintergrund trennen können.
Wenn wir unser Bild gestalten, bedeutet das nichts anderes, als die Aufmerksamkeit des Betrachters in unserem Sinne durch das Bild zu lenken. Dafür müssen wir alles im Bild unterteilen in wichtig und unwichtig. Wir müssen dem Betrachter quasi ein „Geländer“ geben an dem er sich durch das Bild bewegen kann!
Italien Dolomiten, Nikon D750* & Tamron 15-30 mm F/2,8*
Wer sich gelungene Landschaftsaufnahmen ansieht, wird feststellen, dass die Fotografen in aller Regel viel Wert auf einen markanten Vordergrund gelegt haben. Jedes Foto gewinnt durch einen gut gestalteten Vordergrund an räumlicher Tiefe.
Eine der grundsätzlichen Herausforderungen in der Fotografie ist es, die drei Dimensionen der Realität in die zweidimensionale Abbildung zu überführen! Um also in einem zweidimensionalen Foto die dritte Dimension der fotografierten Realität herauszuarbeiten, muss ein räumlicher Eindruck her.
Bayrischer Wald Lusen Gipfel, Nikon D750* & Tamron 15-30 mm F/2,8*
Bei Landschaftsaufnahmen ergibt sich eine Tiefenstaffelung häufig durch die Betonung, zumindest aber die überlegte Einbeziehung des Vordergrundes. Landschaftsbilder ohne Vordergrund wirken in aller Regel flach und langweilig, ihnen fehlt die Tiefe.
Nikon D750 & Tamron 15-30 mm F/2,8
Somit kann der Betrachter ohne solche Fixpunkte wie Vorder- und Mittelgrund die räumliche Ausdehnung nur schwer visualisieren. In meinem zweiten Teil befasse ich mich ausgiebig mit dem Vordergrund.
Weitwinkel, zuviel konkurrierende Dinge im Bild
Im Gegensatz zum Tele erfasst das Weitwinkel wesentlich mehr Bild als ein Tele. Da muss sich jedes Motiv im Bild evtl. gegen Konkurrenz durchsetzen. Hier ist auch die Wahl des Aufnahmestandpunktes von entscheidender Bedeutung! Grundsätzlich sollte man vorab die gesamte Bildfläche auf „Störelemente“ im Auge behalten.
Thüringen, Hainich, Nikon D750* & Tamron 15-30 mm F/2,8*
Alles, was überflüssigerweise in das Bild ragt oder nicht zum Bildinhalt beiträgt, sollte man versuchen, auch über die Wahl des Standpunktes oder der Perspektive auszublenden.
Starke Kontraste
Ist das geschehen, folgt der Blick auf das Histogramm. Wie schon erwähnt, bringen die großflächigen Bildinhalte häufig das Problem extrem starker Kontraste mit. Himmel und dunkler Vordergrund sind nicht immer optimal für die Belichtung. Auch hier ist ein Standort- oder Perspektivwechsel mitunter sehr hilfreich!
Hainich Baumkronenpfad, Nikon D750* & Tamron 15-30 mm F/2,8*
Weitwinkel, Verzerrungen
Auch die Verzerrungen, die ein Weitwinkel mit sich bringt, sind nicht immer unproblematisch. Vor allem, wenn sich Menschen oder Tiere mit im Bild befinden. Alles, was sich Richtung Bildrand befindet, leidet stark an Verzerrungen und „Eierköpfe“ machen die meisten Menschen nicht unbedingt schöner!
Italien Dolomiten, Nikon D750* & Tamron 15-30 mm F/2,8*
Häufig können die Verzerrungen aber natürlich auch, als Gestaltungselement genutzt werden, um die Weite des Bildes zu unterstreichen. Auch hier sollte der „Effekt“ immer zum Bild passen und in der Regel nicht das alleinige Gestaltungselement, zumindest nicht bei Landschaftsaufnahmen sein.
Aufteilung Vorder- und Hintergrund
Schärfentiefe
Auch hier ist das Tele natürlich deutlich im Vorteil. Mit längeren Brennweiten kann man wesentlich selektiver arbeiten und unsere Bild viel „aufgeräumter“ und somit strukturierter gestalten. Noch dazu sorgt die wesentlich geringere Tiefenschärfe für eine oftmals recht einfache Trennung von Vorder- und Hintergrund.
Das Weitwinkel ist hier viel anspruchsvoller! Hier müssen wir vorab viel genauer vorarbeiten und den Bildausschnitt wesentlich bewusster auswählen. Umso mehr wir hier die Gestaltung vernachlässigen, umso schwieriger wird es auch für den Betrachter später seinen Blick so über das Bild zu lenken, dass er Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden kann.
Rügen Sellin, Nikon D750* & Tamron 15-30 mm F/2,8*
Wir müssen den späteren Betrachter also deutlich bei der Wahrnehmung dieser Bilddetails, also Vordergrund / Hintergrund, wichtig / unwichtig unterstützen. Dazu gibt es verschiedene Wege, auf denen wir das erreichen können.
Nikon Z 14-30 mm F/4,0 & Nikon Z 14-24 mm F/2,8 s-Line Weitwinkelzoom
Kontraste
Auch mittels Kontrasten ist es möglich, das Motiv herauszuarbeiten. Der schwarze Punkt auf weißem Hintergrund verdeutlicht dies recht einfach. Umgekehrt ist ein weißes Auto vor schneebedeckten Bergen eher suboptimal! Beim Weitwinkel kommt erschwerend hinzu, dass es von Haus aus eine große Schärfentiefe besitzt und so den überwiegenden Bildinhalt scharf abbilden kann.
Rügen, Nikon D750* & Tamron 15-30 mm F/2,8*
So fällt die Unterstützung bei Trennung einzelner Bildteile durch Unschärfe in der Regel auch weg! Farben verhalten sich natürlich ähnlich. Farbkontraste können die Bildaufteilung stark unterstützen. Besonders starke Farbkontraste wie bei den Komplementärfarben Rot/Grün und Blau/Gelb zeigen das deutlich!
Bildtiefe erzeugen
Vordergrund
Wie erwähnt bieten Weitwinkel kaum die Möglichkeit der Bildgestaltung mittels Schärfentiefe. Ganz im Gegenteil ist hier doch häufig maximale Schärfeausdehnung gewünscht! Damit fällt ein wichtiges Gestaltungsmittel weg! Was bleibt dann, um die Tiefenstaffelung im Bild ausreichend zu visualisieren? Die Aufteilung des Bildes in Vorder-, Mittel- und Hintergrund. Die Leserichtung in den meisten Landschaftsbildern ist damit von unten nach oben vorgegeben.
Nicht immer finden wir ein markantes „Objekt“ für den Bild-wichtigen Vordergrund. Häufig können wir diesen allerdings auch über eine tiefe Aufnahmeposition ausreichend betonen, so dass auch der weite Kiesstrand ausreichend diese Funktion des interessanten Vordergrundes erfüllen kann
Lüneburger Heide, NikonZ 7* & Nikon 14-30 mm F/4,0 s-Line*
Man muss es immer wieder betonen, die Perspektive macht häufig den Unterschied! Die Standardaufnahmehöhe aus „Augenhöhe“ ist in der Regel langweilig und führt zu sehr komprimierten Aufnahmen, denen oft jegliche „Tiefe“ fehlt! Gerade in der Landschaftsfotografie in Kombination mit einem Weitwinkel ist der tiefe Aufnahmestandpunkt wesentlich spannender!
Ein gut gewählter starker Vordergrund schafft für den Betrachter einen perfekten Einstieg in unser Bild. Er unterstützt diesen beim „Lesen“ des Fotos und schafft einen Ausgleich zwischen vorne und hinten! Ein starker Vordergrund kann mitunter auch ein insgesamt etwas einfaches Bild noch „hochziehen“! Dazu mehr in meinem zweiten Teil am 16.06.20121.
Linien
Ein Klassiker in der Bildgestaltung sind Linien, die in die Tiefe führen! Egal was diese Linien darstellen, Zäune, Geländer oder wie hier eine Straße, es eignet sich fast alles, was gerade ist! Je kürzer die Brennweite, desto stärker sind diese Linien ausgeprägt!
Thüringen, Nikon D750* & Tamron 15-30 mm F/2,8*
Die Linien zwingen dem Betrachter förmlich die Blickrichtung auf! Somit leiten diese ihn zwangsläufig durch das Bild. Natürlich lassen sich Linien mit einem Vordergrundobjekt oder zusätzlich mit starken Kontrasten kombinieren.
Kontraste
Der Kontrast nimmt bei Landschaftsbildern in der Regel in der Tiefe zunehmend ab. Deutlich zu erkennen ist das in der Regel bei Aufnahmen in den Bergen. Damit können kontrastreiche Hintergründe die Tiefenwahrnehmung deutlich beeinflussen. Über die Gestaltung wie groß der jeweilige Bildanteil im Foto ist, lässt sich die Tiefenstaffelung im Bild stark steuern.
Lusen, Bayrischer Wald, Nikon D750* & Tamron 24-70 mm F/2,8*
Farben
Auch die Farbwahrnehmung ist hilfreich bei der Gestaltung der Tiefe im Bild. In der Regel nehmen wir näher liegende Landschaftsteile eher farblich wärmer war und entfernte Landschaften eher kühler. Dies hängt mit dem Lichtspektrum zusammen, welches in der Ferne durch die größere Streuung eher in Richtung Blau und somit kühl tendiert.
Kroatien, Nikon D750* & Tamron 15-30 mm F/2,8
Damit ergibt sich auch hier ein visueller Kontrast, welcher die Tiefenwahrnehmung hilfreich unterstützen kann. Alles was dem Auge hilft, die Tiefe in einem zweidimensionalen Foto zu „visualisieren“ sollte als Werkzeug genutzt werden. Nach Möglichkeit ist eine Kombination aus mehreren Elementen perfekt, um den Betrachter durch das Bild zu führen.
Fazit / Empfehlung
Wie man an den obigen Bildbeispielen erkennen kann, das Weitwinkel in der Landschaftsfotografie ist ein Objektiv, was nach etwas „Einarbeitung“ verlangt! Viel hilft hier nicht immer viel! Ganz im Gegenteil, wir müssen schon vorab das Bild für den Betrachter möglichst klar und strukturiert aufbereiten, damit unser Motiv und die Bildaussage nicht im „Zuviel“ der Informationen des Weitwinkels untergehen. Dafür gibt es glücklicherweise einige unterschiedliche, aber erfolgversprechende Herangehensweisen.
Ist man sich der Problematik dieser Objektivgattung erst einmal bewusst, kann man mit recht einfachen gestalterischen Mitteln gegensteuern. Auch ich war anfangs etwas überfordert über die vielen Bildinformationen bei 15 mm! Hier kann man leicht den Überblick verlieren. Allerdings überträgt sich das dann natürlich auch auf den Betrachter! Meinen allgemeinen Artikel mit Tipps zur Landschaftsfotografie findet ihr hier. Alles zur Ausrüstung dafür könnt ihr hier nachlesen. Was ich unterwegs beim Wandern dabei habe, findet ihr hier.
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