Bildsensoren, klein oder groß?
Die Diskussion über die optimale Größe von Bildsensoren für Foto- und Videokameras scheint bei vielen Fotografen zu einem Glaubenskrieg auszuarten. Für Viele wird sie, gemeinsam mit der auf dem Sensor untergebrachten Anzahl der Pixel, als das entscheidende Qualitätskriterium herangezogen.
Doch Sensorgröße und Pixelzahl beeinflussen nicht nur die Bildqualität, sondern auch die Baugröße und das Handling von Kameras und Objektiven, sowie auch deren kreative Möglichkeiten für die Bildgestaltung.
Viele der Sensorgrößen und hohen Pixelzahlen nachgesagten Vorzüge relativieren sich bei genauerem Hinsehen oder entpuppen sich sogar als unbegründete Vorurteile, deren Ursprung weit in die Frühzeiten der Digitalfotografie hineinreichen oder falscher Analogie zur Fotografie auf Film geschuldet sind.
Bildsensoren – klein oder groß?
Pixelzahl und Sensorgröße
Natürlich lassen sich auf einer größeren Sensorfläche auch mehr Pixel unterbringen, und die Pixel müssen logischerweise kleiner werden, wenn sie in gleicher Menge auf einem kleineren Chip Platz finden sollen. Nur stimmt es nicht, dass diese dann auch zwangsläufig aufgrund ihrer geringeren Größe eine schlechtere Bildqualität liefern würden. Das Hauptaugenmerk der Sensorforschung gilt der Entwicklung kleinerer, effektiverer Pixel und nicht etwa größerer, lichtempfindlicherer Pixel.
Daher ist davon auszugehen, dass moderne Sensoren mit hoher Auflösung inzwischen eine bessere Bildqualität liefern, als ältere mit größeren Formaten und größeren Pixeln. Die Lieferanten für Bildsensoren orientieren sich in ihrer Forschung an den Bedürfnissen des Marktes, dessen Tendenz zu kleineren Sensoren neigt. Moderne Techniken ermöglichen es heute, kleinere Sensoren mit kleineren, aber sehr wohl effektiveren Pixeln herzustellen. Diese stehen großen Sensoren in der Bildqualität häufig in nichts nach.
Das lässt sich mittlerweile sowohl bei Smartphones mit ihren winzigen, hochauflösenden Kameras genauso beobachten, wie beispielsweise auch bei Premium Kameras bekannter Hersteller mit ihren 1-Zoll-Chips. Die augenblickliche Oberklasse beim Wettlauf um Pixelrekorde spielt im Bereich von 40 bis 60 Megapixeln und Spitzenwerten von 100 Megapixeln. Die 40-Megapixel-Grenze haben dabei auch schon Smartphone Kameras erreicht. Wesentliche Vorzüge größerer Sensoren sind also nicht unbedingt nur in der Auflösung zu suchen, zumal viele ältere Objektive für die aktuellen Vollformatkameras diese oft gar nicht bewältigen können. Rauschfreiheit ist hier das Stichwort! Ab 50 Megapixel stoßen selbst manche neu auf den Markt gekommenen Objektive an ihre Grenzen.
Pixeldichte und Rauschen
Kleinere Pixel, so lautet eine Faustregel, können weniger Licht einfangen als größere. Als Vergleich werden oft zwei nebeneinander stehende Eimer herangezogen, mit denen die Photonen wie beispielsweise Regenwasser aufgefangen werden. Natürlich wird der Eimer mit dem größeren Durchmesser mehr Regentropfen bzw. Photonen auffangen als ein kleinerer. Doch der Vergleich hinkt. Das aus den Photonen erzeugte Signal lässt sich verstärken. Moderne Pixel verfügen über verbesserte Verstärker, die den für die Bildqualität wichtigen Signal-Rauschabstand optimieren. Die Faustregel gilt also immer nur, wenn auch die größeren Pixel auf den größeren Sensoren gleicher-weise optimiert wurden.
Kleinere Pixel wiederum sind besser dazu in der Lage, feine Muster zu erfassen, beispielsweise, wenn es darum geht, Artefakte wie etwa Moirée-Effekte zu vermeiden und eine hohe Detailwiedergabe zu erreichen. Nicht die Pixeldichte spielt heute die entscheidende Rolle, sondern die Effektivität und Qualität der Pixel, sowie die Verfahren der Signalverstärkung und die zur Trennung von Signal und Rauschen. Steht weniger Licht zur Verfügung, muss die ISO-Empfindlichkeit der Pixel erhöht werden. Das hatte in der analogen Fotografie zumeist ein gröberes Korn zur Folge und führt in der digitalen Fotografie zu höherem Bildrauschen.
Ein Grund für das Bildrauschen bei höheren Empfindlichkeiten ist auch der Größe und der Lage der Pixel zueinander geschuldet. Aber auch hier haben innovative Technologien dazu geführt, den Signal-Rauschabstand zu verbessern, sodass auch mit kleineren, dicht beieinander liegenden Pixeln bei wenig Licht immer bessere Ergebnisse erzielt werden können. Heute liefern schon 1“ große Sensoren mit einer Dichte von 20 Megapixeln exzellente Ergebnisse, selbst bei wenig Licht. Die Bildqualität wird zukünftig also auch bei den Kameras mit kleineren Sensoren (wie APS oder MFT) mit der von heutigen Vollformatkameras vergleichbar sein.
Sensorgröße
Um Kameras möglichst kompakt zu bauen oder auch in Mobiltelefonen zu integrieren, waren kleine Bildsensoren die Voraussetzung. Welche Fortschritte hier in der Sensorminiaturisierung erreicht wurden, zeigen die aktuellen beeindruckenden Bildqualitäten. Kleinere Bildsensoren ermöglichen inzwischen bei vielen Gelegenheiten nicht nur eine vergleichbare Bildqualität, sie eröffnen auch ganz neue Möglichkeiten. Ohne sie wären die gewaltigen Zoombereiche mit bis zu sechzig fachen Brennweiten in den kompakten Zoomkameras, die einen Vollmond nahezu formatfüllend abbilden können, oder mit denen sich Kleintiere aus ausreichender Fluchtdistanz mit der Kamera einfangen lassen, nicht möglich.
Auch in der professionellen Fotografie setzen sich für bestimmte Anwendungen Kameras mit kleineren Bildsensoren mehr und mehr durch. Bergfotografen, aber auch Tier- und Abenteuerfotografen, die ihr Equipment oftmals über Tage und unter extremen Bedingungen transportieren müssen, sind um jedes Gramm, das sie weniger mitzuschleppen haben, froh. Kleinere Kameras mit kleineren Superteleobjektiven ermöglichen Action-, Sport- und Tieraufnahmen aus der Hand, für die bei großformatigen Aufnahmesystemen ein Stativ unverzichtbar wäre.
Kleine Sensoren
- Alle Sensoren unterhalb der Größe der 1-Zoll-Klasse bilden die kleinsten Sensoren:
- Sie sind nur so klein wie ein Fingernagel.
- Dazu zählen 1/3,2, 1/2,8, 1/2,7, 1/2,5, 1/2,3 Zoll sowie 1/1,7-, 2/3-Zoll.
- Damit sind fast alle Kompaktkameras, Zoom-Kameras und Bridge-Kameras ausgerüstet.
1-Zoll-Sensor
- In den kleinsten der obigen Sensoren fand seit 2016 kaum mehr eine Weiterentwicklung statt. Diese wurde in die Sensorklasse der 1-Zoll-Geräte verlagert.
- Für deutlich mehr Geld erhält der Kunde dort auf dem größten der kleinen Sensoren eine etwas höhere Bildqualität.
- Inzwischen werden diese 1-Zoll-Sensoren sowohl in kleinsten Pocket-Kameras, als auch in ziemlich voluminösen Bridge-Kameras der Edelklasse verwendet.
Micro-Four-Thirds-Klasse
- Damit waren bis Ende 2018 sehr viele spiegellose Systemkameras ausgerüstet.
- Die Sensorfläche entspricht etwa einem Viertel der Fläche der Vollformat-Kameras.
- Da es sich um System-Kameras handelt, findet sich hierfür ein inzwischen deutlich angewachsenes Angebot an Systemzubehör.
Kamerabaugröße
APS-C
- Die Sensorfläche definiert sich über etwa die Hälfte der Fläche der Vollformat-Kameras.
- Sie bilden den sehr breit gefächerten Mittelbau der Hobby-Fotogeräte und in Europa derzeit noch das beliebteste Marktsegment mit der größten Verbreitung.
- Dabei handelt es sich fast immer um System-Kameras – mit und ohne Spiegel. D.h. hierfür findet sich inzwischen ein riesiges Angebot an Systemzubehör.
Vollformat
- Die Sensorfläche definiert sich über die alten analogen Kleinbild-Kameras und besitzt ca. 36 x 24 mm Ausmaße.
- Sie bilden den zwar wachsenden, aber derzeit noch eher kleinen Oberbau der sehr ambitionierten Hobby-Fotogeräte und der Profigeräte.
- Verstärkt findet sich diese Sensorgröße auch bei spiegellosen Systemkameras.
Mittelformat-Kameras
- Die Sensorfläche orientiert sich am früheren / analogen Mittelformat (zwischen 45 x 60 und 60 x 90 mm Ausmaße) und bietet digital 33×44 bis 40×54 mm Sensoren.
- Sie bilden den sehr kleinen und sehr teuren Oberbau der digitalen Kameras, die sich für Studio-Fotografie eignen, wenn man die höchste Auflösung für die größte Ausbelichtung benötigt.
- Trotz des großen Sensors werden diese Kameras jedoch eher auf optimale Lichtbedingungen im Studio optimiert und sind somit für Sport oder Aufnahmen unter schlechten Lichtbedingungen und hoher ISO-Zahl eher ungeeignet.
Auswirkungen auf die Bildgestaltung
Ein wesentliches Argument für größere Sensoren war die mit ihnen einfach zu erreichende, sanfte Hintergrundschärfe – auch unter der aus dem Japanischen abgeleiteten Bezeichnung „Bokeh“ bekannt. Umgekehrt bringen kleinere Bildsensoren in kritischen Bereichen eine größere Schärfentiefe. Hoch öffnende Objektive mit Lichtstärken höher als 1:2.0 liefern einen ebenso weichen Unschärfeverlauf, wie Objektive für größere Aufnahmeformate.
War es früher auch in der digitalen Fotografie eine Qualitätsentscheidung, ob ein Aufnahmesystem mit größerem oder kleinerem Format eingesetzt wurde, so wird diese heute vor allem von der fotografischen Aufgabe bestimmt. Es ist ein Kompromiss, den der Fotograf zwischen Qualität, Gewicht, den gestalterischen Absichten und auch dem Preis abzuwägen hat. Ein sphärisches 360°- Panorama wird ein System mit größeren Sensoren ungleich schwieriger machen als eines, das eine oder mehrere Kameras mit winzigen Sensoren verwendet, deren Auflösung sich schließlich so weit addiert, dass Betrachter darin interaktiv auf jedes Detail zoomen können.
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Der Hype um die Bildsensoren ist längst überholt! Was einst das Nonplusultra war, hat heute seinen technischen Vorsprung weitgehend eingebüßt! Mittlerweile hat jede Sensorgröße seine Berechtigung und seine Vorzüge. Das Vollformat bietet nach wie vor in Kombination mit lichtstarken Objektiven die meisten künstlerischen Freiheiten, zumindest was das Freistellungspotential angeht. Auch die erreichbare Auflösung setzt hier immer noch Maßstäbe. APS C und Micro Four Thirds haben große Vorteile bei der Mobilität.
Also, wer draußen unterwegs ist und seine Ausrüstung auf Berggipfel schleppen muss, wird den enormen Gewichtsvorteil und die wesentlich kompakteren Ausmaße dieses Sensorformates zu schätzen wissen! Studiofotografen haben mit Gewicht und Abmessungen eher weniger Probleme und können auch mit großen und schweren Vollformat Kameras arbeiten. Technisch gesehen sind mit all diesen Sensorgrößen mittlerweile hervorragende Bilder möglich und werden häufig nur durch die verwendeten Optiken limitiert.
Hier findet ihr meine Artikelserie Fine Art Printing.
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Artikel zu den technischen Unterschieden bei PC Monitoren.
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