Fototipp, Folge 31: was ist die hyperfokale Distanz, brauche ich die?
Die meisten Fotografen haben sich schon einmal gefragt, warum bei einer Landschaftsaufnahme der Vordergrund scharf, die Berge im Hintergrund allerdings schon aus dem Schärfebereich herausfallen. Wohlgemerkt unter Einsatz eines Weitwinkels mit stark geschlossener Blende!
Optimale Schärfeausdehnung vom Vordergrund bis zum Hintergrund
Der Fehler liegt hier vermutlich in der Einstellung des Fokuspunktes. Häufig stellen Fotografen auf einen zu nahen Punkt scharf und verschenken damit Schärfentiefe im „Fernbereich“. Oder umgekehrt es wird auf unendlich fokussiert und es fehlt dann an Schärfe im Vordergrund. Den Fokuspunkt an dem die maximale Schärfeausdehnung vom Vorder- bis Hintergrund erreicht wird, nennt man „Hyperfokale Distanz“.
Fototipp, Folge 31
Was ist die hyperfokale Distanz, brauche ich die?
Hyperfokale Distanz
Als hyperfokale Entfernung, bzw. hyperfokale Distanz wird in der Fotografie diejenige endliche Gegenstandsweite bezeichnet, bei der – wenn man genau auf diese Entfernung fokussiert – im Unendlichen liegende Objekte ebenfalls gerade noch mit akzeptabler Unschärfe abgebildet werden. (Quelle Wikipedia)
Visualisierung der Hyperfokalen Distanz mittels Tiefenschärfeskala auf einem Fotoobjektiv (Bildquelle Wikipedia), bei Blende 32 Schärfeausdehnung von ca. 2,7m bis unendlich.
Bei Landschaftsaufnahmen ist in der Regel der Wunsch, möglichst die gesamte Szene vom Vorder- über den Mittelgrund bis zum Hintergrund scharf abzubilden. Unter Berücksichtigung der hyperfokalen Distanz ist es möglich, den Tiefenschärfebereich von gerade noch unendlich bis maximal in den Vordergrund auszudehnen.
Die hyperfokale Distanz in der Praxis
Dieses Ergebnis ist allerdings nicht so einfach umzusetzen. Auch, weil heutige moderne Objektive keinerlei Kennzeichnungen zur Ausdehnung der Tiefenschärfe haben, an denen man sich zur Fokuseinstellung orientieren könnte. Selbst Weitwinkelobjketive sind in den meisten Fällen leider nicht in der Lage alles von vorne bis hinten gleichzeitig scharf abzubilden, selbst stark abgeblendet nicht.
Mein Nikon z 24-70mm F/2,8 s-Line Objektiv mit OLED Anzeige wahlweise für Blende, Tiefenschärfe oder Fokuspunkt
Konzentriert man sich mit dem Fokuspunkt also auf den Vordergrund verliert man Schärfe im Hintergrund und umgekehrt. Der Fokuspunkt der in Abhängigkeit von Objektiv, Brennweite, Blende und Sensorgröße die größtmögliche Schärfeausdehnung garantiert nennt man Hyperfokale Distanz.
Nikon D 750 & Tamron 15-30mm F/2,8, 15mm & Blende 16, Fokuspunkt korrekt gewählt für maximale Schärfeausdehnung!
Die Hyperfokale Entfernung hängt maßgeblich von drei Faktoren ab;
- Blende: Je kleiner die verwendete Blende ist, desto näher ist die Hyperfokalentfernung. Eine größere Tiefenschärfe bedeutet, eine größere Ausdehnung der Schärfe zwischen Vorder- und Hintergrund.
- Brennweite: Der zweite Faktor ist die Brennweite. Je kleiner die Brennweite, desto näher rückt die Hyperfokale Distanz in den Vordergrund.
- Sensorgröße: Der letzte Faktor ist die Größe Ihres digitalen Sensors. Ein größerer Sensor führt zu einer geringeren Ausdehnung der Hyperfokalen Distanz.
Optimale Schärfeausdehnung durch richtige Fokussierung
Als „Faustformel“ für unterwegs lässt sich alles folgendermaßen zusammenfassen; Fokussiert man einfach auf einen Punkt, der etwa nach einem Drittel der Strecke liegt, welche die Distanz zwischen einem selbst und dem weit entferntesten Objekt ausmacht, kommt man der hyperfokalen Distanz schon sehr nahe.
Die Blende stellt man gleichzeitig bei einem FourThirds-Sensor auf f/11, bei einem APS-C Sensor auf f/16 oder beim Kleinbildformat auf f/22. Mit dieser Vorgehensweise sollte man auch ohne große Mathematik eine ausreichende Schärfentiefe im Bild erhalten. Hilfreich für unterwegs sind bei der genauen Ermittlung natürlich kleine Tabellenkarten au denen man die entsprechenden Werte schnell ablesen kann.
Die richtige Schärfe beim Landschaftsfoto
Eine der wichtigsten Grundregeln für bessere Landschaftsfotos ist es, den Vordergrund einzubeziehen. Wenn man im Vordergrund ein schönes Motiv findet, dann erhält das Bild eine größere Tiefe, die sich dann auch in einem zweidimensionalen Foto wesentlich besser visualisieren lässt. Eine Landschaftsaufnahme mit Vordergrundmotiv gefällt dem Betrachter in der Regel immer besser, als eines ohne.
Um die Aufnahme aber vom Vordergrund bis in die Unendlichkeit, oder von der Unendlichkeit bis zum Vordergrundmotiv scharf zu belichten, benötigen wir eine hohe Tiefenschärfe. Dazu ist es oft notwendig, eine Blendenzahl von f/8, f/11, f/13 oder f/16, ja manchmal sogar eine f/22 oder f/32 zu wählen. Selbst im Sommer kommt man hier ab und an in Bereiche, in denen die Belichtungszeit zu lang wird, um aus der Hand zu fotografieren. Entweder wir können die Kamera irgendwo auflegen oder benutzen ein kleines kompaktes Reisestativ.
Hohe Tiefenschärfe mit großer Blendenzahl. Dabei sind Blendenzahlen von F8, F11, F 13 oder F16 üblich.
Wie aber bekommt man die passende jeweilige Hyperfoklae Distanz, um die perfekte Schärfe am Objektiv für Landschaftsfotos einzustellen? Ich rate dazu, sich eine App zum Berechnen der Tiefenschärfe auf seinem Smartphone zu installieren. Für ein Android-Smartphone gibt es verschiedene Apps unter dem Suchbegriff „DOF“ (engl.: Depth of Field = dt.: Schärfentiefe).
Mithilfe dieser Apps kann man die Hyperfokaldistanz für verschiedene Blendenwerte & Brennweiten Kombinationen herausfinden. Hier lässt sich die verwendete Kamera sprich Sensorgröße ebenso auswählen, wie die Blende und Brennweite.
Smatphone App zur Berechnung der Hyperfokalen Distanz
Das Problem mit der Beugungsunschärfe
Leider sind die meisten Objektive für APS-C-Kameras, oder für Kleinbild-/Vollformat-Kameras bei einer Blende f/5.6 oder f/8/11 am schärfsten. Zwar bieten die Blendenstufen f/13, f/16, f/22 eine höhere Schärfentiefe, jedoch sind die meisten Objektive bei diesen Blendenstufen in der Mitte und am Rand der Aufnahme unschärfer, als bei Blende f/5.6 oder bei Blende f/8. Diese sogenannte Beugungsunschärfe ist völlig in Ordnung für die meisten Landschaftsfotos.
Gerade für solche, die in kleinen Formaten im Internet veröffentlicht werden, oder die auf kleinen Abzügen den Rechner verlassen. In vielen Fällen ist daher ein Kompromiss zwischen Schärfentiefe und Beugungsunschärfe erforderlich. Dieser Kompromiss wird auch förderliche Blende oder optimale Blende genannt. Diese ist bei jeder Kamera /Objektiv Kombination leider unterschiedlich und lässt sich bei Bedarf in der Regel z.B. den entsprechenden Fachzeitschriften entnehmen.
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Fazit / Empfehlung
Das recht sperrige Wortgebilde „hyperfokale Distanz“ beschreibt eigentlich nur genau den Fokuspunkt, welcher verwendet werden muss, um die größte Schärfeausdehnung von gerade noch unendlich, bis in den maximalen Vordergrundbereich zu erreichen. Also ein wichtiger Richtwert für Landschaftsfotografen, die ja immer um das letzte bisschen Schärfentiefe kämpfen.
Man muss sich nicht sklavisch daran halten, aber als Orientierungspunkt super und für Aufnahmen mit Schärfe vom Vordergrund bis unendlich absolut unverzichtbar! Wer die Vorgehensweise einmal verinnerlicht hat, wird zukünftig einen deutlichen Zugewinn an Schärfe in seinen Landschaftsaufnahmen feststellen können!
Meine Wissen Artikel findet ihr hier.
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