Making Off, Folge 5: Seebrücke
Making Off, Folge 5: Seebrücke. In meiner neuen Kategorie „Making Off“ hier auf dem Blog möchte ich in loser Folge exemplarisch an ausgewählten RAW Bilder, den Entstehung – und Entwicklungsprozess in Lightroom, Capture One, DxO PhotoLabs oder der NIK Kollektion beschreiben.
Making Off, Folge 5
Da es immer wieder Anfragen zum „Making Off“ der Bilder gibt, geht es heute mit Folge 5 und einem Bild aus meinem Kurzurlaub im Mai 2019 auf Rügen. Bei diesem Bild gehe ich dann auch auf die Schwarzweiss Entwicklung ein und stelle beide Varianten gegenüber!
Making Off, Folge 5 Seebrücke
Einleitung / Bildenstehung
Das Bild, mit welchem ich mich heute beschäftigen möchte, ist im Mai 2019 auf Rügen in Sassnitz, mit meiner Nikon D750 * und dem Tamron 15-30 mm F/2,8* entstanden. Zu sehen ist die alte, baufällige und gesperrte Seebrücke. Der etwas „morbide“ Charakter der leicht baufälligen Brücke fiel mir bei dem trüben Wetter sofort auf. Mein erster Gedanke war, „Das ist ein Kandidat für Schwarzweiß“!
Also suchte ich mir vor der Absperrung eine schöne Perspektive und machte unterschiedliche Varianten. Wie immer war das Ergebnis auf dem Vorschaumonitor der Nikon D750 nicht gerade begeisterungsfähig! Die Belichtung war ausgeglichen dank „neutral grauem“ Himmel und ich wusste natürlich aus langjähriger Erfahrung welche „Reserven“ in der RAW Datei verborgen waren. Zu Hause angekommen und in Lightroom geöffnet, hat sich das Potenzial des Bildes schnell herauskristallisiert!
Ausgangsbild im RAW Format unbearbeitet aus der Nikon D750
Seebrücke
Wir wechseln in das Entwickeln Modul von Lightroom*. Als Erstes aktivieren wir die Unter- und Überbelichtungswarnanzeigen. Anschließend werfen wir einen Blick auf das Histogramm. Nicht erst nach diesem Blick erkennt man, dass das Bild viel zu dunkel ist.
Da ich mit meiner Nikon D750* bei viel Himmelsanteil im Bild häufig die Lichterbetonte Belichtungsmessung verwende: Die Kamera richtet sich mit der Belichtung dann nach den hellsten Motivbereichen. Natürlich entsprechen auch die Farben bei weitem nicht der Stimmung vor Ort!
Mit dieser Methode lässt sich der Detailverlust in den »Lichtern« verringern, zum Beispiel beim Fotografieren von Bildern mit viel Himmelsanteil. Das führt dann natürlich zwangsläufig zur latenten Unterbelichtung des restlichen Bildes (Achtung Rauschgefahr !).
Diese Unterbelichtung lässt sich aber ohne große Probleme bei dem hervorragenden Dynamikumfang der Nikon D750 in Lightroom korrigieren. Ein überbelichteter Himmel mit ausgefressenen Lichtern lässt sich jedoch nicht wieder herstellen und hinterlässt gerade beim Drucken Flächen ohne Farbdeckung. Für den Fine Art Druck! Für mich eher problematisch!
Mit Nik Silver Efex fertig entwickeltes Schwarzweißfoto
Mit aktivierter über – und Unterbelichtungswarnung / blauem Farbton sieht man im Bild auch direkt die unterbelichteten Stellen, die schwarz zulaufen und keine Zeichnung mehr haben. Dies gilt es in jedem Fall zu korrigieren. Mein Arbeitsablauf – neudeutsch „Workflow“ – entspricht dabei weitestgehend den Empfehlungen von Adobe. Ich arbeite mich von oben nach unten durch die einzelnen Bedienfelder.
Diese kann man seit Version 8 nach seinen Vorlieben in der Reihenfolge verschieben und anpassen. Dazu klickt man mit der rechten Maustaste auf Bearbeitungsmodul und wählt Bedienfelder anpassen. Solltet ihr also eine andere Arbeitsreihenfolge bevorzugen, lässt sich diese hier auch in den Bedienfeldern entsprechend darstellen.
Lightroom Korrekturen
Globale Korrekturen
In der Regel benutze ich dann als Erstes sehr häufig die Automatik Funktion von Lightroom. Ich habe darüber ja schon geschrieben, dass diese seit der letzten Anpassung (ich glaube in Lightroom 7) mit der Verknüpfung der mittlerweile allgegenwärtigen KI (Künstliche Intelligenz) enorme Fortschritte gemacht hat.
Lightroom Bedienfelder globale Korrekturen, Automatik Korrektur
Vorher waren die Automatik Ergebnisse nicht wirklich zu gebrauchen. Seit der Implementierung von KI haben sich die Ergebnisse deutlich verbessert. Nicht nur, dass Lightroom fast alle Regler im Bereich Tonwert und Präsenz nutzt, sondern die Ergebnisse sind insgesamt sehr konstant und auf einem recht hohen Niveau!
Das bedeutet für mich, dass ich so mit einem Klick eine recht gute Vorentwicklung meiner Bilder bekomme, ohne dafür selber ein knappes Dutzend Regler zu nutzen! Das ist eine enorme Zeitersparnis, selbst wenn man noch verschiedene Feinkorrekturen am Automatikergebnis vornehmen muss!
Lightroom anschließende Kontrastkorrektur
Natürlich schießt die Automatik auch hin und wieder über das Ziel hinaus, aber insgesamt sind die Ergebnisse immer wieder erstaunlich. Der nächste Screenshot ist also das Ergebnis der Lightroom Automatik. Vorab sollte natürlich bei Bedarf das Bild beschnitten und ausgerichtet und ebenso der Weißabgleich angepasst werden.
Ich finde das Ergebnis für den Anfang in die Bildentwicklung ein guter Start! Wie man im Bedienfeld deutlich erkennen kann, hat Lightroom alle 12 Regler für die Bildkorrektur genutzt und für einen Klick ein überzeugendes Ergebnis zustande gebracht! Allein der Blick auf das Histogramm sagt schon alles! Hier bleibt nicht mehr viel zu tun. Insgesamt ist mir das Bild natürlich noch zu dunkel und zu „flau“. Auch die Farben sind noch nicht „aussagekräftig“ genug!
Als Nächstes öffnen wir das Bedienfeld Gradationskurve. Wer über einen kleinen Bildschirm verfügt, kann für die Übersichtlichkeit bei den Bedienfeldern den sog. Solomodus wählen. Dieser sorgt dafür, dass immer nur ein Bedienfeld geöffnet ist. Das ist gerade auf begrenzten Anzeigen sehr praktisch, wie z.B. auf dem Laptop.
Lightroom anpassen der Gradationskurve
In diesem Bedienfeld lassen sich noch sehr feinfühlige weitere Anpassungen manuell vornehmen. So lässt sich das Bild schnell entsprechend meinen Vorstellungen anpassen. Je nachdem, welche Regler man bewegt, muss man den einen oder anderen immer noch einmal nachjustieren, bis alles passt. Damit ist meine globale Korrektur zunächst erst einmal beendet. Die nächsten Bereiche werden über selektive Korrekturen angepasst.
Selektive Korrekturen
Verlaufsfilter
Dafür wähle ich als Erstes den Verlaufsfilter für den Himmel, der mir immer noch zu wenig Zeichnung hat. Diesen ziehe ich vom oberen Bildrand bis an die Seebrücke im Vordergrund hinweg. Anschließend verringere ich die Belichtung und Lichter und nutze noch den Dunst Regler.
Unterhalb des Bildes lässt sich mit Mausklick die Maskenüberlagerung anwählen. Lightroom stellt uns dann mit roter Farbe die Maskenauswahl als Vorschau dar. Oftmals sehr hilfreich, um die genaue Maskengröße zu kontrollieren. Auch für den Vordergrund ziehe ich einen Verlauf-filter auf. Hier helle ich die Bereiche allerdings auf.
HSL Farbkorrektur
Damit komme ich zu den letzten selektiven Korrekturen, welche sich im HSL Bedienfeld verstecken und ebenfalls selektive Farbkorrektur erlauben. Damit lassen sich nun gezielt Farbanpassungen in Himmel, Holzbrücke und Meer vornehmen.
Als Nächstes öffne ich also das HSL – und Detail – Bedienfeld. Im HSL Bedienfeld wähle ich Luminanz vor und bewege die Pipette zuerst auf das kaum noch sichtbare Himmelsblau, um dieses mittels Reduzierung der Luminanz noch etwas zu verstärken. Das Gleiche mache ich im Bereich Holz / Meer. Weiter geht es dann zum Bedienfeld Details. Gegebenenfalls muss ich in den ersten Bedienfeldern noch einmal „Global“ nachkorrigieren.
Schärfe & Rauschreduktion
Die letzten Arbeitsschritte sind dann das Bild zu Schärfen und wenn nötig die Rauschreduzierung anzupassen. Das Bild ist mit ISO 640 aufgenommen und mit der lichter betonten Belichtungsmessung belichtet worden. Das führt zur leichten Unterbelichtung und dadurch zur latenten Rauschgefahr in den dunklen Bildbereichen.
Die feinen Stein- und Holzstrukturen können auf jeden Fall etwas Ausarbeitung vertragen. Gerade in den dunklen Bereichen können wir in der 1:1 Ansicht leichtes Luminazrauschen erkennen. Dies stellt für Lightroom kein größeres Problem dar und lässt sich per Regler einfach beseitigen.
Ich schärfe ich das Bild nun, um die feinen Strukturen perfekt herauszuarbeiten. Dazu gehe ich mit der Maustaste auf den und drücke gleichzeitig die ALT Taste. Damit wird mir die Schärfungsmaske von Lightroom eingeblendet. Jetzt kann ich mittels Bewegen des genau den Bereich einstellen, den ich schärfen möchte. Dies sind alle weiß hervorgehobenen Konturen.
Objektivkorrekturen aktivieren
Leider haben sich im Himmelsbereich noch einige Sensorflecken gezeigt, die ich natürlich jetzt noch entfernen werde. Dazu wähle ich die Bereichsreparatur, damit ist der Spuk im Nu entfernt. Hier sollte man sehr penibel arbeiten, vor allem wenn das Bild gedruckt werden soll. Beim Druck zeichnet sich wirklich jeder kleine Schatten im Bild ab!
Als Letztes vergewissere ich mich noch, ob auch die Objektivkorekturen aktiviert sind. Bei einem Superweitwinkel Zoom-Objektiv, wie dem Tamron 15-30 mm F/2,8 kommt es schon deutlich zu Verzeichnungen und Vignettierungen, welche sich mithilfe der Objektivkorektur von Lightroom problemlos entfernen lassen.
Bildübergabe an NIK Filter
Nachdem das Bild jetzt so weit in Farbe ausgearbeitet ist, übergebe ich die Datei an Nik Silver Efex, mit einem Rechtsklick und Bearbeiten / Nik Silver Efex. Meine Artikelserie zu den Nik Filtern findet ihr hier. Meinen kleinen Workshop Schwarzweiss von der Entwicklung zum Druck findet ihr hier.
Lightroom Übergabe inkl. aller Berabeitungen als Kopie nach Nik Silver Efex
Vorgabe auswählen
Die Nik Silver Efex Programmoberfläche erscheint, und der erste schwarzweiß Entwicklungsvorschlag wird präsentiert. Da mir dieser noch nicht als Ausgangspunkt gefällt, suche ich mir auf der linken Seite eine für mich passende Vorgabe aus. In der gerade von DxO aktualisierten Nik Kollektion 3.0 gibt es hier einige neue und interessante Vorgaben.
Programmoberfläche NiK Silver Efex
Natürlich müssen die Kontraste der entsprechenden Farbkanäle bei so einem Schwarzweißfoto oftmals stark angepasst werden. Der Himmel und die Seebrücke sind hier meine Ansatzpunkte für deutlich mehr „Dramatik“!
Kontrollpunkte setzen
Nachdem ich die passende Vorgabe als Ausgangspunkt für meine weitere Bearbeitung gefunden habe, geht es nun noch an das „Feintuning“! Dafür beginnt man als erstes natürlich damit, die „Globalen“ Werte noch ein wenig an sein Bild anzupassen. Anschließend geht es an die selektive Korrektur einzelner Bildbereiche.
Dafür kann man in Nik Silver Efex super die sog. „Kontrollpunkte“ für selektiven Korrekturen nutzen. Hierbei aktiviert man einen Kontrollpunkt im Bedienfeld und zieht entsprechend der benötigten Größe mit der Maus einen Kreis auf. In diesem Bereich wirken dann die entsprechenden Korrekturen. Funktioniert also ganz ähnlich wie der Radialfilter in Lightroom.
NiK Silver Efex Kontrollpunkte
Für den aktivierten Kontrollpunkt lassen sich nun die unterschiedlichsten Korrekturoptionen per Schieberegler einstellen. Die Kontrollpunkte lassen sich kopieren oder ausblenden und so kann man recht schnell auch mehrere Bereiche umfassend anpassen. Nach kurzer Zeit ist der Unterschied zum Eingangsbild deutlich zu erkennen!
Vignette oder Ränder auswählen
Nun lässt sich das Bild noch mit verschiedenen weiteren Optionen anpassen. Dazu gehört z.B. eine Vignette , Bildränder oder auch die Tönung des Schwarzweißbildes. Ich entscheide mich häufig für eine Vignette oder abgedunkelte Bildränder, um den Fokus so mehr auf mein Hauptmotiv zu lenken.
Der Kreativität sind hier aber kaum Grenzen gesetzt. Natürlich lassen sich auch verschiedenste „Filmsimulationen“ auf das Bild anwenden. Hiermit wird das Korn analoger Rollfilme simuliert, um der Aufnahme einen entsprechenden „Touch“ zu verleihen. Mit dem Filmkorn lassen sich verblüffende Effekte erzielen!
Auch die allseits beliebte „Sepia-Tonung“ ist in diesem Bereich problemlos möglich! In der aktualisierten NiK Kollektion 3.0 lässt sich mittlerweile auch nicht destruktiv arbeiten und somit in späteren Sitzungen andere Varianten ausprobieren. Ist man mit dem Ergebnis soweit zufrieden, speichert man dieses und NiK übergibt das Bild wieder zurück an Lightroom in die Bibliothek.
Vorher / Nachher
Schon erstaunlich, was Lightrooms Automatikfunktion mittlerweile leistet. Das perfekte Bild sollte man dennoch nicht erwarten! Mit ein bisschen zusätzlichem Feintuning ist die Bildentwicklung dann allerdings recht schnell abgeschlossen. Lightroom bietet hierfür alle nötigen Werkzeuge; von der globalen über die selektive Korrektur, bis hin zu hochwertigen Werkzeugen zum Schärfen und Entrauschen. Nicht zu vergessen die umfangreichen Möglichkeiten der Bereichsreparatur und der Objektivkorrektur. Meinen Artikel mit Tipps zum Workflow für Lightroom Einsteiger findet ihr hier.
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Fazit / Empfehlung
Möchtet ihr tiefer in Lightroom einsteigen, schaut euch auch meine neue Lightroom Artikelserie an. Mein Inhaltsverzeichnis mit allen meinen zu Lightroom erschienen Artikeln findet ihr hier. Das PDF zum Download gibt es in meinen Shop. Der Schlüssel zu einer unkomplizierten Bildentwicklung liegt einerseits in der gut abgestimmten Belichtung und andererseits in der Nutzung der RAW Datei. Diese erlaubt natürlich bei weitem mehr Korrekturen, als jedes JPG.
Gerade auch für den abschließenden Druck ist ein gut ausgearbeitetes Bild extrem wichtig, um alle Details zu Papier zu bringen! Die abschließende Schwarzweiß Entwicklung in Nik Silver Efex zeigt auch wieder deutlich, welche Fähigkeiten selbst noch in der alten Nik Kollektion schlummern! Mittlerweile bin ich aus verschiedenen Gründen auf die neue Nik Kollektion 3.0 von DxO umgestiegen. Genaueres könnt ihr hier lesen. Damit werde ich dann auch in Zukunft meiner Schwarzweiß Leidenschaft weiter nachgehen können!
Hier findet ihr meine Artikelserie Fine Art Printing.
Meine Buchempfehlungen findet ihr hier.
Artikel zu den technischen Unterschieden bei PC Monitoren.
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