Die Weitwinkelfotografie, mein Praxislehrgang Teil 3: erste Schritte in der weiten Welt.
Die Weitwinkelfotografie, mein Praxislehrgang Teil 3: erste Schritte in der weiten Welt. Wenn es doch nur so einfach wäre,14 mm Weitwinkelobjektiv an die Kamera schrauben und die weite spektakuläre Landschaft auf den Bildern mit nach Hause nehmen. Leider macht sich beim Betrachten der Bilder zu Hause dann oftmals Ernüchterung breit! Wieso ist das so?
Madeira mit Nikon Z7* & Z 24-70 mm F/2,8*
Weitwinkelobjektive mit sehr kurzen Brennweiten (ca. 10-24 mm) können richtig eingesetzt sehr viel Dramatik, Weite, Opulenz und Größenverhältnisse in das fertige Bild transportieren. Diese dramatischen Effekte nehmen ab, je länger die Brennweite wird.
Die Weitwinkelfotografie entfaltet ihre eindrucksvolle Wirkung vor allem beim Fotografieren weiträumiger Landschaften. Diese Aufnahmen ermöglichen Einblicke in Szenarien, die für das menschliche Auge normalerweise zu groß sind, um sie auf einmal zu erfassen. Das macht die Weitwinkelfotografie so faszinierend und in vielen Situationen unverzichtbar.
Die Weitwinkelfotografie, mein Praxislehrgang Teil 3: Erste Schritte in der weiten Welt.
Fotografen könnten also denken, dass die einzige Funktion des Superweitwinkels ist, mehr vom Motiv auf das Bild zu bekommen. Das ist grundsätzlich zwar richtig, aber eben nur die halbe Wahrheit. In Wirklichkeit ist das Superweitwinkel perfekt dafür geeignet, eine außergewöhnliche Perspektive einzunehmen und von diesem Standpunkt aus ein wirklich besonderes Foto zu schaffen. Ja, die Brennweite macht den Ausschnitt.
Brennweiten und Bildwinkel
Weitwinkelobjektive haben eine Brennweite von 35 mm oder kürzer. Sie bieten damit einen größeren Bildwinkel als Normalobjektive. Je größer der Bildwinkel, desto größer ist der Bildausschnitt, den du von einer Szene erfassen kannst. Da sich diese Objektive für viele Situationen eignen, haben die meisten Fotografen stets mindestens ein Weitwinkelobjektiv dabei.
Elbsandsteingebirge, Schrammsteine mit Nikon Z7* & Z14-24 mm F/2,8*
Weitwinkelobjektive gehören zur Standardausrüstung der meisten Landschaftsfotografen. Mit ihnen lässt sich die Weite einer Szenerie oder auch des Sternenhimmels darstellen. Neben der Landschaftsfotografie kommen die Objektive auch häufig bei Architektur- und Immobilienfotos zum Einsatz. Generell kann ein Weitwinkelobjektiv aber jedes Motiv weiter, geräumiger und beeindruckender erscheinen lassen.v
Dolomiten, Italien mit Nikon D750* & Tamron 15-30 mm F/2,8*
Straßenfotografen arbeiten in der Regel mit einer Brennweite von 35 mm. Dies entspricht in etwa dem, wie wir die Welt mit dem bloßen Auge sehen. Weitwinkelobjektive eignen sich auch für die Reisefotografie. Durch die kurze Brennweite ist man bei der Vielfalt an Motiven auf Reisen flexibler.
Die Zusammenhänge
Abbildung & Tiefe
Die Benutzung des Weitwinkels macht deutlich wie sich Abbildung und Tiefe bei Verwendung unterschiedlicher Brennweiten verändern.Beim Weitwinkel erscheinen Abstände zwischen nahen und fernen Objekten größer als mit Telebrennweiten. Mit Hilfe dieser Eigenschaft können wir also Dinge im Bild größer darstellen als sie in wirklichkeit sind.
Madeira Levada mit Nikon Z7 & Z24-70 mm F/2,8
Wir sollten uns diese Eigenschaft zu nutze machen und mit dem Weitwinkel gerne sehr nah an unsere „Motive“ herangehen. Je weitwinkliger wir fotografieren, desto größer werden die Tiefenunterschiede im Bild. Dinge welche sich im Vordergrund befinden wirken groß und weiter entfernte Dinge werden so Teil vom Hintergrund.
Gerade Anfänger neigen hier dazu zuviel Abstand zum „Bild“ einzuhalten oder anders ausgedrückt nicht nah genug heranzugehen. Was mit einem Ultraweitwinkel allerdings oftmals etwas Überwindung kostet. So verschwinden dann große Teile des Bildes ausdruckslos im Hintergrund.
Dazu kommt das die meisten Fotografen damit zu kämpfen haben das enorm viel, oft auch überflüssiges durchgängig scharf auf dem Foto abgebildet wird. Ganz im Gegensatz zum Teleobjektiv, was zum einen über seine geringere Schärfe und zusätzlich über den viel geringeren Bildwinkel das Foto stark strukturiert. Der Faktor Gestaltung ist bei Weitwinkelbildern also eine große Herausforderung!
Winkel
Nochmal, große Bildwinkel bilden naturgemäß viel mehr ab. Das führt nicht selten dazu das sich Dinge im Bild wiederfinden die störend wirken können und damit von unserem eigentlichen „Motiv“ ablenken. Es gilt also genau hinzuschauen was sich auf unserem Bild alles wiederfindet. Auch hier gilt vereinfacht gesagt: „Weniger ist oftmals mehr“! Oft sind überladene Aufnahmen beim Einsteiger in die Weitwinkelfotografie das Ergebnis der ersten Versuche.
Darin liegt dann auch schon eine der großen Herausforderungen der Weitwinkelfotografie! Trotz teilweise riesigem Bildwinkel muss ich das Bild so gestalten das alles unnötige möglichst gar nicht erst auf dem Foto auftaucht. Natürlich ist dies eine große Herausforderung! Mit der Versuchung, möglichst viel auf ein Bild zu bekommen, läuft man sehr schnell Gefahr, das eigentliche Motiv aus dem Auge zu verlieren.
Landschaft Kroatien Insel Pag Mars Trail mit Nikon D 750 & Tamron 15-30 mm F/2,8
Das bedeutet den Bildausschnitt immer wieder nach diesen überflüssigen Dingen abzusuchen und gegebenenfalls mittels Standortveränderung das Bild „aufzuräumen“. Besonderes Augenmerk sollten wir hier den Bildrändern und dem Hintergrund zukommen lassen. Wie im Bild zu erkennen, Steine und Gestrüpp im Vordergrund dominieren das Bild. Der Berg im Hintergrund verliert sich fast im Bild.
Nikon Z 14-30 mm F/4,0 links & Z 14-24 mm F/2,8 S rechts
Durch Weitwinkel können Größenunterschiede sehr deutlich hervorgehoben werden, sodass eine unglaubliche räumliche Tiefe und Plastizität entstehen kann. Bei Weitwinkelaufnahmen sollte man darauf achten, dass das Auge einen Anhaltspunkt im Bild findet.
Deshalb sollte man eine Person oder ein Objekt im Vordergrund platzieren, damit das Auge später nicht ziellos auf dem Bild umherwandert. Die Vielfalt der Linien, Formen, Details und Strukturen sowie die große Schärfentiefe im Bild machen es dem Betrachter oft schwer, das eigentliche Motiv auszumachen. Gestaltendes Ordnen vorab ist daher in der Weitwinkelfotografie entscheidend.
Schärfe
Fluch und Segen zugleich ist die hohe Schärfe gerade von Ultraweitwinkelobjektiven! Wo das Teleobjektiv den Hintergrung deutlich unscharf zeichnen kann, zeigt das Weitwinkel viel mehr Schärfentiefe. Wenn aber alles scharf im Bild ist, auch der Hintergrund führt dies zu einer Konkurrenzsituation im Bild.
Italien, Sardinien Nikon D750 & Tamron 24-70 mm F/2,8
In geringem Maß lässt sich allerdings auch mit einem Weitwinkelobjektiv die Schärfentiefe mittels Blende und Abstand zum Motiv beeinflussen. Hier gilt, je offener die Blende und je näher man am Motiv ist desto unschärfer wird der Hintergrund.
Italien, Sardinien Nikon D750 & Tamron 24-70 mm F/2,8
Alle Dinge die im Bild scharf sind werden vom Betrachter als relevant und wichtig eingestuft. Was im Umkehrschluss natürlich bedeutet, wenn alles scharf ist müssen wir das Bild für den Betrachter möglichst so aufbereiten das er sich im großen Bildwinkel mit vielen scharfen Informationen nicht verliert.
Wir müssen also bei unseren Bildkomposition extrem darauf achten das Bild perfekt „aufzuräumen“! Ehe man sich versieht, baumelt von oben ein Ast ins Bild, mogelt sich in der Bildecke ein Passant in den Bildausschnitt oder ragt ein überflüssiges Gestrüpp in den Vordergrund. Ein sorgsamer Bildaufbau ist deshalb zwingend notwendig, um nur das gewünschte Motiv auf den Sensor zu bannen.
Landschaft
Weitwinkelobjektive werden besonders gerne in der Landschaftsfotografie eingesetzt. Wie schon erwähnt erzeugen wir mittels Weitwinkelobjektiv häufig Bilder die von vorne bis hinten scharf sind. Damit fehlt uns mittels Unschärfe ein probates Gestaltungselement um die Bilder zu strukturieren. In der Landschaftsfotografie sind wir somit auf andere Hilfsmittel angewiesen.
Slowenien Triglav Nationalpark mit Nikon D750 & Tamron 15-30 mm F/2,8
Ein Klassiker in der Gestaltung gerade um Tiefe und eine gewisse Dreidimensionaltät zu erzeugen ist die Tiefenstaffelung in Vorder- Mittel- und Hintergrund. Häufig ist eine tiefe Perspektive von Vorteil, verhilft sie doch gerade dem Vordergrund zu einer gewissen Dominanz. Dabei wird noch ein weiterer Effekt deutlich, der Betrachter wird über diesen Vordergrund praktisch in das Bild geführt.
Tamron 24-70 mm F/2,8 6 Tamron 15-30 mm F/2,8
Auch kann man damit vermeiden, dass ein langweiliger blauer Himmel zu viel Bildinhalt bekommt. Die Landschaft teilt sich ja häufig besonders deutlich in Vorder- und Hintergrund auf. Die Trennlinie zwischen beiden ist häufig der Horizont. Hier kann man schon mit der Horizontlage entscheiden wem man mehr Gewicht einräumen möcht. Haben wir einen schönen und dramtischen Himmel räumen wir diesem mehr Platz ein. Bei einem interessanten Vordergrund räumen wir diesem mehr Platz ein.
La Gomera mit Nikon Z 7 & Z 14-24 mm F/2,8 S
Der Aufnahmestandpunkt ist gerade beim Superweitwinkel von entscheidender Bedeutung! Wichtiger Bestandteil vieler „guter“ Superweitwinkel-Aufnahmen ist auch ein besonderer Vordergrund! Das alles zusammen mit durchgehender Schärfe von vorne bis hinten charakterisiert eine wirklich gute Aufnahme, die mittels Superweitwinkel gemacht wurde! Eine der grundsätzlichen Herausforderungen in der Fotografie ist es, die drei Dimensionen der Realität in die zweidimensionale Abbildung zu überführen!
Nikon D750 & Tamron 15-30 mm F/2,8
Um also in einem zweidimensionalen Foto die dritte Dimension der fotografierten Realität herauszuarbeiten, muss ein räumlicher Eindruck her. Bei Landschaftsaufnahmen ergibt sich eine Tiefenstaffelung daher häufig durch die Betonung, zumindest aber die überlegte Einbeziehung des Vordergrundes. Landschaftsbilder ohne Vordergrund wirken in aller Regel flach und langweilig, ihnen fehlt die Tiefe. Jeder der einmal ein von „oben“ fotografiertes Weitwinkelbild gesehen hat erkennt wie flach dies wirkt!
Verzeichnung
Besonders starke Weitwinkel zeigen häufig je nach Aufbau der Optik deutliche Tonnenverzeichnungen. Gerade Linien die parallel zum Bildrand verlaufen werden hier nach außen gebogen dargestellt. Je näher die Linien am Bildrand liegen, desto stärker zeigt sich der Effekt. Was sich bei Architekturaufnahmen als äußerst störend erweist.
Seychellen, La Digue mit Nikon Z7 & Z 24-70 mm F/2,8
In der Landschafts- oder Naturfotografie wo wir es selten mit geraden Linien zu Tun haben können wir diese Verzerrungen in der Regel vernachlässigen. Zumal sich diese heute häufig schon intern der Kamera korrigieren lassen. Spätesten aber in der Bildbearbeitung werden wir diese zumindest größtenteils wieder los.
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Fazit / Empfehlung
Wie man an den obigen Bildbeispielen erkennen kann, das Weitwinkel in der Landschaftsfotografie ist ein Objektiv, was nach etwas „Einarbeitung“ verlangt! Viel hilft hier nicht immer viel! Ganz im Gegenteil, wir müssen schon vorab das Bild für den Betrachter möglichst klar und strukturiert aufbereiten, damit unser Motiv und die Bildaussage nicht im „Zuviel“ der Informationen des Weitwinkels untergehen. Dafür gibt es glücklicherweise einige unterschiedliche, aber erfolgversprechende Herangehensweisen.
Ist man sich der Problematik dieser Objektivgattung erst einmal bewusst, kann man mit recht einfachen gestalterischen Mitteln gegensteuern. Auch ich war anfangs etwas überfordert über die vielen Bildinformationen bei 15 mm! Hier kann man leicht den Überblick verlieren. Allerdings überträgt sich das dann natürlich auch auf den Betrachter! Meinen allgemeinen Artikel mit Tipps zur Landschaftsfotografie findet ihr hier.
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